Die Gitarre – ein universelles Instrument

1. Historische und kulturelle Aspekte

In diesem Abschnitt soll kurz auf die Verbreitung und Bedeutung der Gitarre im Laienmusizieren eingegangen werden.
Nachdem die Gitarre schon im 18. und 19. Jahrhundert als Hausinstrument unter dem Einfluß der italienischen und spanischen Komponisten Verbreitung fand, gab es einen Schub durch die Entwicklung im Gitarrenbau in der 2.Hälfte des 19.Jh. in Spanien. Die noch heute verbreitete klassische Konzertgitarre ermöglichte die Entwicklung der spanisch geprägten klassischen Konzertmusik, die in klassischen Gitarrenkonzerten heute noch zu den beliebtesten zählt. Im Laienmusizieren entwickelte sich im Zuge der Singbewegung um 1900 herum die sogenannte „Wanderklampfe“. Die Gitarre wurde zu einem der beliebtesten Begleitinstrumente.
Die Westerngitarre wurde durch Blues und Country in Nordamerika seit Anfang des 20. Jh. zu einem der bis heute beliebtesten Instrumente. In Spanien wurde die Flamencogitarre entwickelt und in Südamerika kam es zu einer Verschmelzung von Folklore und klassischer Gitarrenspielweise.
Einen großen Entwicklungssprung brachte die Verbreitung der E-Gitarre seit den 1960er Jahren im Zuge der „Beatmusik“ und der heute als Rock bezeichneten Musikrichtung mit sich. Sie wurde zu einem stilprägenden Instrument, nach dessen Spielweise sich vielfältige Stilrichtungen charakterisieren lassen.
Ebenfalls seit den 60er/70er Jahren fand die Flamenco-Gitarre durch den Ausnahmevirtuosen Paco de Lucia weltweite Verbreitung. In die gleiche Zeit fällt die Verbreitung der Westerngitarre durch die „Singer/Songwriter“ – Generation um Bob Dylan, Neil Young, Joan Baez, Simon & Garfunkel u.v.m. Künstler wie Leo Kottke machten die Westerngitarre zu einem Soloinstrument, das heute als „Fingerstyle Guitar“ bezeichnet wird.
Mit der Entwicklung des Fusion und des Instrumentalrock in den 1970er und 1980er Jahren erlangte die „Rock“-Gitarre den gleichen Anspruch wie klassische Gitarre und Jazzgitarre. Folk, Jazz, Flamenco, Rock und Pop verschmelzen gegenwärtig zunehmend zu „Weltmusik“. Gitarristen aus verschiedenen „Lagern“ eröffnet dies die Entwicklung zu einem universelleren Spiel, das Improvisation, Spiel in verschiedenen Besetzungen, stilistische Variabilität u.v.m. enthält.
Es bietet sich deshalb für die Entwicklung neuer Unterrichtsideen eine Betrachtung der Gitarre hinsichtlich ihrer Spielmöglichkeiten an.

2. Möglichkeiten der Gitarre und Einsatz in verschiedenen Musikrichtungen

Im Vergleich zu klassischen Orchester-Instrumenten weist die Gitarre einige Besonderheiten auf. Ihre Verbreitung in den verschiedensten Musikrichtungen und ihre Einsatzmöglichkeiten machen sie zu einem Sonderfall unter den Musikinstrumenten. Außerdem ist die Familie der Gitarren recht inhomogen und wächst ständig weiter.
Im folgenden sollen einige grundsätzliche Aspekte beleuchtet werden, die für den Gitarrenunterricht wichtig sind.

2.1 Die Gitarre als Begleitinstrument

Die Gitarre ist gleichzeitig Harmonie- und Rhythmus- Instrument. Die Bedeutung des Wortes „Rhythmusgitarre“ kommt von der Betonung des rhythmischen Anteils, z.B. im Rock. Die harmonische Seite tritt deutlich z.B. im Jazz hervor. In der Regel läßt sich beides natürlich nicht trennen. Am beliebtesten ist die traditionelle Liedbegleitung, angereichert mit Singer/Songwriter-Elementen und Pop/Rock.
Die Bedeutung des Begleitens von Gesang oder Melodieinstrumenten als Kunstform wird oft unterschätzt. Dabei kommt es meist zu einer Verwechslung von Begleitung und musikalischem Hintergrund (z.B. Karaoke). Dies spürt man auch in der musikalischen Ausbildung sogar bis in den Jazz hinein.
Für den Gitarrenunterricht sind deshalb u.a. Themen wie Stilistik, Rhythmustraining, Hören auf das Spiel des Solisten und Wechsel von Solo und Begleitung sehr wichtig.

2.2 Die Gitarre als Melodieinstrument

Unter musikalischen Laien sind die Qualitäten der Gitarre als Melodieinstrument bei weitem nicht so populär wie die Liedbegleitung. Gründe hierfür dürften in der Geschichte unserer Musikkultur liegen. Die an Volkshochschulen und in Jugendhäusern gegebenen Gitarrenkurse beschränken sich eher auf die Liedbegleitung. Darüberhinaus ist diese Seite des Instruments Gitarre eher in „E-Gitarren-typischen“ Musikrichtungen (Rock, Jazz) sichtbar. In der klassischen Gitarrenausbildung gibt es kein „Gitarrensolo“ (etwa wie im Rock oder Blues). Hier bietet sich das improvisierte Solo an. Viele Schüler können nach jahrelangem Unterricht trotzdem nicht im geringsten improvisieren und selbst einfache Melodien nur nach Noten spielen.
Für Anfänger, die nicht ausschließlich nur begleiten wollen, bietet sich das Melodiespiel an. Bei Erwachsenen ist dies aufgrund ihrer altersbedingten musikalischen Präferenzen sogar einfacher als bei Jugendlichen. In den Bereichen Volkslied, Kinderlied, Country, Folk ist der Anfangsunterricht besonders leicht zu gestalten. Hier kann auch vieles nach Gehör gelernt werden.

2.3 Die Gitarre als Solo-Instrument

Die Gitarre als Solo-Instrument ist der klassische Weg zur Klassik auf der Gitarre und wird in der musikschulspezifischen Fachausbildung konsequent betrieben. Das Spiel einzelner Melodien bzw. Stimmen wird als Ausgangspunkt zum mehrstimmigen Spiel betrachtet. Für den Anfangsunterricht mit Erwachsenen bietet sich die klassische Zupftechnik an, die mit elementaren Spielfähigkeiten schon große Freude bereiten kann. Selten haben Schüler Musizierpartner zu Hause, so dass einfache Solo-Stücke die Übemotivation anheben können. Für Vorspiel-Situationen ist das solistische Spiel anfangs nicht so gut geeignet, da die Freude am gemeinsamen Musizieren im Vordergrund steht.
Für Freunde des Blues oder der Popmusik gibt es zahlreiche Veröffentlichungen von Bearbeitungen beliebter Stücke für Solo-Gitarre. Im Jazz und im Flamenco kann ebenfalls auf Material für den Anfangsunterricht zurückgegriffen werden. Allerdings ist dafür in der Regel eine längere Anlaufzeit nötig.
Besonders in einer Gruppensituation werden die Schüler dadurch überfordert. Empfehlenswert ist eine Herausarbeitung des Solospiels als Vereinigung von Melodiespiel und Begleitung.

 

Die Evolution der akustischen Gitarre (Film)

Die Evolution der akustischen Gitarre – Ein Film von Noel Auch (Brainthrill Studio) Der Film „Die Evolution der akustischen Gitarre“ porträtiert zwei Gitarrenbauer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Michael Sander ist ein Meister traditioneller und historischer Gitarrenbaukünste. Jakob Frank ist ein innovativer Gitarrenbauer, der die akustische Gitarre stets weiterentwickelt. Die beiden geben Einblicke in ihre Werkstätten und zeigen, was den wahren Wert einer Gitarre ausmacht und was alles in einem Instrument steckt. Einige wichtige Schritte beim Bau traditioneller, akustischer Gitarren werden der Konstruktion innovativer akustischer Gitarren gegenübergestellt. Nadia Kossinskaja ist eine professionelle Konzertgitarristin und Sängerin. Sie erläutert, was ihr am Instrument wichtig ist. „Die Evolution der akustischen Gitarre“ gewährt einen Einblick in die Entwicklung der akustischen Gitarre und beleuchtet informativ den Beruf des Gitarrenbauers. Der Film entstand im Rahmen der Masterarbeit von Noel an der Hochschule für Musik Karlsruhe am Institut für Musikjournalismus und wurde im Bearbeitungszeitraum 15.04.-15.08.2021 produziert. Jakob Frank hat Industriedesign studiert und als Bachelor-Arbeit eine Gitarre aus Hanf entwickelt. Hanffasern werden stark zerkleinert, mit Wasser vermischt und daraus wird sog. Hempstone hergestellt. Jakob erstellt Korpus-Formen und sendet diese seinem Kollegen in Österreich, der die Formen mit Hempstone besprüht. Jakob bekommt diese dann wieder zugesendet und finalisiert seine Gitarren in seiner Werkstatt in Pforzheim. Er ist stets am Weiterentwickeln. Michael Sander wurde unter anderem von Gerold Karl Hannabach und Margarete Brunswicker-Apelt ausgebildet und hat Musikinstrumentenbau in Markneukirchen studiert. Er arbeitete bereits in vielen Werkstätten namhafter Gitarrenbaumeister. In seiner Werkstatt in Wiesloch entstehen aus erstklassigen Hölzern traditionelle und historische Gitarren und Lauten. Nadia Kossinskaja trat bereits in 58 Ländern als Konzertgitarristin und Sängerin auf den berühmtesten Bühnen der Welt auf. Sie ist Preisträgerin von 12 internationalen Gitarrenwettbewerben u.a. in Österreich, Spanien, Polen und England.

 

 

Die Gitarre – Revolution, Kult, Leidenschaft

Die Gitarre gilt weltweit als Ikone der populären Musik. Wie kein anderes Instrument hat sie nicht nur musikalische, sondern auch politische und soziale Bewegungen im 20. Jahrhundert begleitet. Für viele ist sie ein Sprachrohr für Protest und Auflehnung. Von Blues und Folkmusik über Rock ’n’ Roll bis hin zu Punkrock kam die Gitarre überall dort zum Einsatz, wo sich Menschen gegen Rassentrennung, soziale Ungerechtigkeit, Krieg, Diktatur oder den blinden Konformismus der Erwachsenenwelt auflehnten. Die Dokumentation zeichnet ein fesselndes Porträt des populären Saiteninstruments entlang der Jahrzehnte.